298
9. Und als er sterben ging, da sprach der Held: „Nun sterb ich gern,
Ich bin nichts nutz mehr auf der Welt; geht, sagt das meinem Herrn
Und sagt ihm, daß mich treu für ihn und für mein Vaterland,
Wie ichs im Leben immer war, die Sterbestunde fand.
10. Und ihr, die ihr von mir gelernt so manches in der Schlacht,
Lernt eines noch zuletzt von mir, woran ich nicht gedacht —
Ich meine, wie man ruhig stirbt. Sargt ohne Prunk mich ein,
Und dort, wo die drei Linden stehn, will ich begraben sein."
Sturm.
130. Die Leipziger Schlacht.
1813.
1. Wo kommst du her in dem roten Kleid
Und färbst das Gras auf dem grünen Plan? —
Ich komm aus blutigem Männerstreit,
Ich komme rot von der Ehrenbahn.
Wir haben die deutsche Schlacht geschlagen,
Drob müssen die Mütter und Bräute klagen,
Da ward ich so rot.
2. Sag an, Gesell, und verkünde mir,
Wie heißt das Land, wo ihr schlugt die Schlacht? —
Bei Leipzig trauert das Mordrevier,
Das manches Auge voll Thränen macht.
Da flogen die Kugeln wie Winterflocken,
Und Tausenden mußte der Atem stocken
Bei Leipzig, der Stadt.
3. Wie heißen, die zogen ins Todesfeld
Und ließen fliegende Banner aus? —
Es kamen Völker aus aller Welt,
Die zogen gegen Franzosen aus;
Die Russen, die Schweden, die tapfern Preußen
Und die nach dem glorreichen Österreich heißen,
Die zogen all aus.
4. Wem ward der Sieg in dem harten Streit?
Wem ward der Preis mit der Eisenhand? —
Die Welschen hat Gott wie die Spreu zerstreut,
Die Welschen hat Gott verweht wie den Sand;
Viel Tausende decken den grünen Rasen,
Die übrig geblieben, entflohen wie Hasen,
Napoleon mit.
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373
gleicher Höhe mit der Stirn hält und sie dann wagerecht auf
die Theetasse legt. Dergleichen hat, wie bemerkt, für den
Europäer etwas sehr Auffallendes. Dagegen ist aber auch das
Erstaunen der Chinesen nicht gering, wenn sie sehen, wie
Europäer zu speisen pflegen. Sie fragen, wie es nur möglich
sei, dass wir die Getränke kalt zu uns nehmen; wie wir wohl
auf den höchst sonderbaren und ausschweifenden Gedanken ge-
kommen seien, unsere Nahrung vermittelst eines Dreizacks in
den Mund zu bringen , obendrein auf die Gefahr hin, uns die
Lippen zu beschädigen oder gar die Augen auszustechen. Auch
finden sie es ausser der Ordnung, dass wir Nüsse und Mandeln
mit der Schale auf den Tisch bringen und den Dienern die
Arbeit ersparen, die Obstfrüchte zu schälen und das Fleisch zu
zerlegen. Ja es ist nicht bloss ein Witzwort, welches man von
einem Chinesen erzählt, der darüber erstaunte, die Europäer
Billard spielen, Kegel schieben und tanzen zu sehen, und dazu
die Bemerkung machte, warum doch wohlhabende Leute eine
solche Arbeit nicht lieber ihren Dienern überliessen.
v. Scherzer.
166. Bilder aus Japan.
1. Japan ist für den Europäer ein Land, das reich ist an ab-
sonderlichen Schönheiten, ein Land, das man lieb gewinnt und in der
Erinnerung lieb behält. Wie ragt majestätisch über die Riesenbucht
von Jeddo der mächtige, prächtige Fusiyama, jener 4100 m hohe Vulkan
in seinem weißen, glitzernden Schneemantel, der ihm wie ein fürstlich
Gewand über die platten Schultern wallt! Wie rauschen in den Berg-
klüften die Bäche zu Thal mit schaumigem, grünlich schillerndem Wasser;
wie wunderbar schön bekleiden jene herrlichen japanischen Riesentannen,
untermischt mit stolzen, ernsthaften Cypressen, die Bergwände in lücken-
losem Forst! Und im Frühlinge, unten im Süden, wie geht sichs da
gut unter den Kamelienbäumen — nicht etwa 60 — 90 cm hohe Bäumchen
in Töpfen oder Kübeln, nein, es sind wirkliche Bäume bis zu 13 m
hoch, mit starken Ästen, dicht verzweigt; und zwischen den blanken,
dunklen, lederartigen Blättern leuchtet und glüht es von unzähligen
oft handgroßen Purpnrblüten, während der Fuß des Wanderers auf
einen dichten Teppich abgefallener Blumen tritt. Nicht weit davon
schaut über die sauber geflochtene Bambushecke eine lange Reihe von
Orangenbäumen her, mit großen goldenen Früchten beladen, und hinter
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383
steigt aus dem Meere der herrliche und schön geformte Pie von
Fernando Po, auf der anderen ragen, mit üppigem Grün bekleidet, die
vulkanischen Gebirge von Kamerun empor, über deren gewaltiger Kette
die kahlen Spitzen des „Götterberges" thronen.
Das Kamerungebirge bildet die höchste Erhebung in Westafrika,
und seine höchste Spitze, die wir den großen Kamerunberg und die
Eingebornen Mongo-ma-Loba, d. h. den „Götterberg" nennen, über-
ragt alle Berge unserer Heimat. Er ist dagegen niedriger als der
Montblanc; denn seine Höhe beträgt etwa 4000 Meter. Das ganze
Gebirge ist vulkanischen Ursprunges und besteht aus einer Reihe von
etwa 70 Kraterkegeln, die alle wohl schon seit langer Zeit nicht mehr
als Vulkane thätig find.
Die Hauptschwierigkeiten, mit denen der Reisende zu kämpfen hat,
der den großen Kamerunberg besteigen will, bestehen in dem plötzlichen
Übergange aus der Treibhaustemperatur des Thales in die Kalte der
Berghöhen, in dem Mangel an Führern, in der Unwegsamkeit des Ur-
waldes, der zu durchschreiten ist, und in dem Umstande, daß Nahrungs-
mittel und Wasser für die ganze Zeit der Besteigung mitgeführt werden
müssen. Der erste, dem es gelang, allen diesen Hindernissen zum Trotz
die höchste Spitze zu erklimmen, war der englische Reisende Burton.
Er bestieg, begleitet von dem deutschen Botaniker Mann und dem
Spanier Calvo, im Januar 1862 den Gipfel des Götterberges.
Einige Jahre später, am 14. Februar 1879, erreichte der deutsche
Naturforscher Flegel, dem sich der Engländer Kirk angeschlossen hatte,
dasselbe Ziel.
Beide traten ihre Wanderung von Viktoria, einer in sehr schöner,
aber höchst ungesunder Gegend gelegenen Niederlassung an der Amboise-
bai, an und verfolgten die von Burton früher eingeschlagene Richtung.
Die Führer folgten dabei so genau dem von den ersten Besteigern ge-
wählten Wege, daß Flegel unterwegs an einem Baume die Zeichen
„A. Mann" fand, welche dieser im Jahre 1862 in die Baumrinde ein-
geschnitten hatte. Am Fuße der meerumwogten, vielgestaltigen Felsen
bis zur Höhe von 800—1000 m zeigt sich das tropische Pflanzen-
wachstum in seiner ganzen üppigen Schönheit. Da erfreuen neben den
Riesen der tropischen Pflanzenwelt, an denen der Blick mit Staunen
emporstrebt, schlanke Palmen mit ihren Federkronen und das herrliche
Grün der Bananen und des Pisangs das Auge. Endlose Lianen mit
seltsam gefärbten und geformten Blumen und Früchten ranken sich von
Baum zu Baum. Hoch in den Zweigen lassen farbenprächtige Vögel
ihre Stimme erschallen, unter denen man leicht das Girren der schönen
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406
Bewohner der Wälder. Große Familien von Affen nehmen die höchsten
Gipfel der Bäume ein, wo sie der Pfeil des Indianers nicht mehr zu
erreichen vermag. In behaglichen Stellungen sitzen die Brüllaffen der
Morgensonne zugewendet, sie mit ihrer rauhen, schallenden Stimme zu
begrüßen. Die meisten Tiere fliehen in jener Stunde die niedrigsten
Stellen der Waldungen, wo unter den platten, dichten Kronen der
tropischen Bäume eine ausnehmende Kühle herrscht, die nur des Mittags
erst angenehm ist. Darum steigen selbst die Vögel, die sonst in niedrigen
Gebüschen ihre Nahrung finden, des Morgens bis in die luftigen
Kronen. Auf den weiß gebleichten Ästen eines Riesenstammes, den
ein Blitzstrahl niederschmetterte, oder den die Angriffe der Insekten zum
Vertrocknen brachten, sitzen Scharen schlafender schwarzer Geier, die
mit weit ausgebreiteten Flügeln am warmen Sonnenstrahle sich trocknen.
Hie und da steht ein riesiger Storch schon zeitig am Ufer des Flusses.
Vor allem herrlich ist der Anblick der dichten, dunkelgrünen Baum-
kronen, von denen die Scharen schneeweißer Reiher wie Festkerzen
scharf sich abzeichnen. Auch die niederen Geschöpfe teilen die Sehn-
sucht nach der Sonnenwärme. Die Fische schwimmen sorglos und ruhig
an der Oberstäche oder erheben sich scharenweise über das Wasser,
während die plumpen Sprünge des Delphin an die fliegenden Fische
auf dem Ozean erinnern. Balsamischer Duft unzähliger harziger
Baumstämme und Blüten verkündet das Höhersteigen der Sonne, und
größer wird die Thätigkeit der tierischen Bewohner. Zahllose Enten-
scharen treiben auf den flachen Wellen, und Wolken von schwarzköpfigen
Möwen lassen sich blicken, die mit Fischfang sich beschäftigen. Auch
größere Tiere werden sichtbar. Am Ufer erscheinen Rehe, und die
Bewegung der Äste verrät die Ankunft einer Herde Affen, von denen
die kleineren Arten nur durch außerordentliche Schnelligkeit vor den
gefräßigen Raubvögeln sich retten können. Immer geschäftiger wird
das Leben, begleitet von den mannigfaltigsten Tönen, die nur das
geübte Ohr des Indianers zu unterscheiden vermag. Unübersehbare
Flüge grüner Papageien haben sich auf den fruchtbaren Waldbänmen
niedergelassen, und das Herabfallen der Kapseln und Beeren bringt
auf den harten Blättern ein Geräusch hervor, als wenn ein Schloßen-
wetter niederstürzte. Spechte erfüllen den Wald mit ihren pochenden
Tönen, und aus der Tiefe der Wälder klingt ein Geräusch hervor, als
nahte eine Truppe Reiter. Das sind zahlreiche Herden von Bisam-
schweinen, die den Boden zerstampfen, ehe sie mit ihren Hauern ihn
aufwühlen. Auch die menschenähnlichen Stimmen der Waldtauben
dringen aus der schauerlichen Wildnis, während der langgeschwänzte
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
429
Elefant besitzt darin eine solche Kraft, daß er nicht bloß einen Menschen,
sondern den stärksten Tiger augenblicklich zu Boden schlagen, ja sogar
Bäume ausreißen kann. Und eben derselbe Rüssel ist zugleich die
zarteste, feinste Hand, die sich nur denken läßt; er ist fähig, die kleinsten
Geldstücke von der Erde aufzuheben, Knoten zu lösen, Thürschlüssel
umzudrehen und Blumen zu pflücken. Der Rüssel endigt nämlich in
einer fingerähnlichen Spitze, die noch biegsamer ist als der menschliche
Finger und ebenso fein zu tasten versteht als dieser. Ja noch mehr,
dieser Finger kann auch riechen; denn in der Mitte ist eine Öffnung, ans
deren Grunde man die beiden Nasenlöcher sieht. Man pflegt daher mit
Recht zu sagen, der Elefant habe seine Nase in der Hand. Und diese
Nase ist so fein, daß das Tier aus einer Gesellschaft sogleich diejenige
Person herausfindet, die etwas für dasselbe in der Tasche hat. Alle
Nahrung bringt er mit diesem Rüssel in den Mund, sein Getränk
saugt er in seinen Rüssel und spritzt solches ans demselben in den
Rachen. Bäume und Äste, die der Elefant abbrechen will, ergreift er
mit dem Rüssel und knickt sie über die beiden mächtigen, weit aus dem
Maule ragenden Vorderzähne des Oberkiefers, die Stoßzähne. Da
diese Zähne wurzellos sind, wachsen sie beständig nach, so daß jeder
von ihnen ein Gewicht bis zu 50 kg erreichen kann. Sie liefern das
wertvolle Elfenbein.
3. Seine Nahrung nimmt der Elefant nur ans dem Pflanzen-
reiche. Die üppigen Wälder der heißen Zone bieten ihm seine Kost
in großer Fülle dar. Die von den Bäumen gerissenen Äste und
Zweige schiebt er in ganzen Bündeln ins Maul. Eine Lieblingsspeise
für ihn ist der Reis. Gerät eine Elefantenherde in ein Reisfeld, so
ist die ganze Ernte verloren. Ein einziger Elefant verzehrt gegen
50 kg Reis, und was der Riesenmagen nicht verspeist, das zerstampfen
die plumpen Füße.
4. Dieser gewaltige Riese, welcher den mächtigsten Tiger wie einen
Federball fortschleudert, welcher den Löwen mit einem Fußtritte zer-
malmt, vor dem der Mensch schwach ist wie ein Wurm — dieser
starke Elefant wird doch ein gehorsamer Diener des Menschen, der auf
die Stimme seines Herrn hört, aufmerksamer und klüger als mancher
Hund. Er weiß den leisesten Ton zu unterscheiden, versteht die
Wünsche und Gedanken des Menschen oft schon, bevor sie ausgesprochen
sind. Seinem Wärter ist er mit der wärmsten Liebe zugethan und
liebkost ihn wie ein treuer Hund. Wie der Hund wegen seines Ver-
standes dem Menschen alles geworden ist, so ist ihm auch der Elefant
Reitpferd, Lasttier, Zugvieh, Packknecht und Soldat geworden.
418
noch beiwohnen zu können. Die Erfrischungen, die ihr die Frau des
Missionars zu reichen Pflegte, nahm sie mit rührender Dankbarkeit an
und ging dann, wie sie gekommen war, wieder in ihre Rindenhütte zurück.
5. Wie der Missionar von Bethanien Abschied nahm.
So verwandelte sich denn allmählich das vordem so tröst- und
hoffnungslose Jndianerdorf durch die Einkehr des Evangeliums von
Jesu Christo in eine liebliche Stätte des Friedens. Auch im Äußerlichen
blühte dort in der Urwaldwildnis ein Gottesgarten auf. Durch das
Beispiel der Missionarsfamilie angefeuert, hatten die Indianer angefangen
größere Waldstrecken auszuroden und Maisfelder anzulegen, auf denen
ihnen reichliche Frucht erwuchs, so daß ihnen nun nicht mehr wie
früher im strengen Winter das Gespenst der Hungersnot drohte. Wohl
sah man noch hier und da verräucherte Rindenhütten, aber dazwischen
standen schon eine ganze Reihe sauberer Blockhäuser, die Indianern ge-
hörten, und andere waren im Bau begriffen. Die Kirche mit dem
Missionshause daran, auf dem höchsten Punkte der Niederlassung gelegen,
war der Qnellpunkt, von dem alle diese Umwandlung ausging, wie
auch der Mittelpunkt, zu welchem sich wiederum alles hingezogen fühlte.
Ja es fing an heimisch zu werden im Urwalde. Denn auch die
Apfel- und Pfirsichbäumchen, welche die Frau des Missionars aus
Körnern gezogen hatte, blühten schon und trugen die ersten Früchte.
Doch nur sehen durften sie diese; sie zu genießen, blieb ihnen versagt.
Denn ganz unerwartet gelangte an den Missionar von seiten der
Missionsgesellschaft in Leipzig der Ruf, aus dem Norden Amerikas
nach dem Süden Asiens, aus dem einförmigen Urwalde in das palmen-
reiche Land der Sonne, nach Indien zu ziehen. Dort sollte er mit-
helfen, dem braunen Tamulenvolke das Wort des Lebens zu verkündigen.
So schwer dem Missionar auch das Scheiden von der ihm so lieb ge-
wordenen Arbeitsstätte wurde, so war er doch willig, dem Rufe zu
folgen; denn das war ja eben sein Missionsberuf, dahin zu gehen,
wohin er von seinen Oberen gesandt wurde. Nachdem er dafür Sorge
getragen hatte, daß auch nach seinem Weggange die Indianer mit dem
Worte des Lebens versorgt würden, mußte den letzteren endlich der
bevorstehende Wechsel kund gethan werden. Der Missionar wählte zum
Text für seine letzte Predigt den Abschied des Apostels Paulus von den
Ältesten der Gemeinde zu Ephesus (Apostelgeschichte, Kapitel 20), und
als er dann am Schlüsse seiner Predigt den Jndianerchristen mitteilte,
daß er von ihnen sich trennen müsse, erhob sich viel Weinens unter
ihnen. Die Männer suchten zwar gesenkten Hauptes die Ruhe des
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Extrahierte Personennamen: Jesu_Christo Apostels Paulus
Extrahierte Ortsnamen: Bethanien Leipzig Amerikas Asiens Indien Ephesus
439
der Bewegungen dieser ausgezeichneten Flieger in immer neuem Wechsel
erscheint.
Am bezeichnendsten sind für die Familie der Kolibris Schnabel,
Schwingen und Fuß. Ersterer ist bei den einzelnen Arten ungemein ver-
schieden: pfriemenartig, bald ziemlick kurz, bald lang, sowohl gerade, als
auch gebogen, immer angepaßt an die Blüten, aus deren Innerem die Vögel
Insekten entnehmen, wobei ihnen die lange, fast fadenförmige Zunge unent-
behrlich ist. Die im Verhältnis zum Körper langen, schmalen, etwas gebogenen
Flügel sind denen der Turmschwalbe ähnlich und sehr gut ausgebildet.
Hingegen sind die Beine auffallend klein und zierlich. Sie dienen
auch nicht zum Laufen oder Hüpfen, sondern lediglich zu kurzer Rast
auf dünnen, blätterlosen Zweigen.
Wenn der Kolibri sich schnell fliegend bewegt, bringt er ein
scharfes, summendes Geräusch hervor, das bei den verschiedenen Arten
verschieden klingt, und das der Gesamtheit den Namen „Summvögel"
verschafft hat. Ganz zutreffend hat man auch wohl den Kolibri als
„gefiederten Schmetterling" bezeichnet. Dann und wann ruht der bewegliche
Vogel auf einem entblätterten, dünnen Zweige aus. Schnell wird Toilette
gemacht; ein emsiges Lockern und Putzen des prachtvollen Federkleides be-
ginnt; alles ungemein schnell, als ob die größte Eile nötig wäre. Dann
verschwindet er wieder, um emsig die Untersuchung der Blüten fortzusetzen.
Trotz ihrer Kleinheit zeigen die Kolibris großen Mut. Voll
Kampfeslust, heftig und reizbar, stürzen sie sich selbst ans starke
Gegner. Ein interessantes Beispiel von der Kühnheit des Kolibris
berichtet G ö r i n g, der als Maler und Naturforscher zehn Jahre
lang sich in Süd - Amerika aufhielt, und der gerade die Kolibris zum
Gegenstand eingehender Beobachtungen gemacht hat. „Im Hochwalde
des Küstengebirges von Puerto Kaballo," schreibt der Genannte, „hatte
ich einen herrlichen Punkt in einer Schlucht gefunden, welcher mich
durch seine malerische Schönheit, wie durch das reiche Vogel- und
Jnsektenleben besonders anzog. Nur wenige Meter von mir lag ein
riesiger, schon fast morscher Baumstamm brückenartig über der Schlucht,
welcher ein kaum zu schilderndes Gewirr von Lianen und anderen
Schmarotzern mit sich zu Boden gerissen hatte. Ich war eifrig be-
schäftigt, diese Scenerie in mein Skizzenbuch zu bringen, als ich plötzlich
durch ein sehr heftiges Hin- und Herfliegen mehrerer Kolibris unter-
brochen wurde, welche mit ihren stoßenden Flügen immer nach einer
Stelle des tausendfach durchflochtenen Lianengewirrs hinzielten. Ohne
Grund konnten die kleinen Vögel solchen Eifer nicht entwickeln, und
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440
bald bemerkte ich, daß ihre Verfolgung einer Schlange galt, welche
kaum von den Lianen zu unterscheiden war. Ich sah jetzt ihren ge-
hobenen Kopf, aus welchem die Zunge hervorzüngelte. Immer und
immer wieder stießen die kleinen, mutigen Angreifer, sich ihrer un-
glaublichen Schnelligkeit bewußt, nach dem Kopfe der Schlange, welche
lange Zeit wie starr geworden schien, bis sie endlich die Geduld verlor
und schnell verschwand."
In den meisten Fällen findet man, wie G ö r i n g berichtet, die Nester
der Kolibris an dünnen gabelförmigen Zweigen, an Lianen, auch an
den Endspitzen der Palmen-, Farn- und anderer Blätter. Auch
legen manche Kolibriarten ihre Nester nur in geringer Höhe über dem
Boden an steifen Grashalmen an. Die kleinen, zierlichen Nester
stimmen im allgemeinen überein. Die Grundlage der Nester bildet
ein weicher, baumwollähnlicher Stoff, mit dem andere feste
Pflanzenteile, besonders Baumflechten, trockene, zartere Pslanzenstoffe
und die braunen Schuppen der Farnkrautwedel verwebt sind. Das
Innere der Nester ist immer von feinster Baumwolle oder von
seidenartigen Pflanzenfasern und vielfach ganz gleichmäßig rund. Sind
die Nester an Blätterenden angebracht, so besteht in vielen Fällen
die äußere Umhüllung aus feinem Moos, welches dieselbe Farbe wie
das Blatt hat.
Die Kolibris legen zwei weiße, längliche Eier, welche meist nur
1 cm Längsdurchmesser haben. Nach einer Brütezeit von 15—17 Tagen
schlüpfen die Jungen aus, deren Erziehung ausschließlich dem Weibchen
obliegt, und welche nach 3—5 Wochen flugfertig sind.
Hinsichtlich der Nahrung der Kolibris glaubte man früher, daß sie
vom süßen Safte der Blumen lebten. Heute weiß man sicher, daß
ihre Nahrung größtenteils aus kleinen, in den Blumenkelchen lebenden
Insekten besteht. Als Zukost lieben sie allerdings die Süßigkeit der
Blumen, können aber ohne Insekten nur kurze Zeit am Leben ge-
halten werden, wie man dies an gefangenen Kolibris beobachtet hat.
Nicht nur die winzigen Insekten der Blumenkelche, sondern auch solche
aus Spinnegeweben nehmen sie auf, ja sie suchen auch die Kerbtiere
an den Blättern ab oder fangen sie in der Luft.
Nach Breslich u. Koepert.
189. Der Kaffee.
In den heißen Tropengegenden Afrikas und zwar in der abessini-
schen Landschaft Kassa und dem angrenzenden Sudan findet man
Wäldchen von kleinen 3 bis 5 Meter hohen Bäumen, die ihrem all-
— 442 —
Das junge Bäumchen kam wohlbehalten in Martinique an und soll der
Stammvater aller Kaffeepflanzungen geworden sein, die sich seitdem so
zahlreich auf den Antillen ausgebreitet haben.
Die Hauptkaffeeländer (Brasilien, Java und die holländisch-indischen
Inseln überhaupt, Westindien, die nördlichen Länder Südamerikas,
Arabien u. s. w.) erzeugen alljährlich 500 bis 600 Millionen Kilogramm,
wovon Europa fast die Hälfte verzehrt. Großartig ist auch der Kaffee-
verbrauch in den Vereinigten Staaten und im britischen Nordamerika. —
Viele hundert Segel- und Dampfschiffe führen den Kaffee nach London,
Amsterdam, Nen-Iork, Hamburg, Marseille und andern großen See- und
Handelsplätzen. Tausenden von Händen schafft er Arbeit; der Verkehr
und Wohlstand von Völkern und Städten hängt von ihm mit ab.
Nach Kippenberg.
190. Der Thee.
Wie Afrika die Heimat des Kaffeebaumes, so ist Asien das Vater-
land des Thees. In Assam in Hinterindien sind weite Flächen mit
dem hier wild wachsenden Theestrauche bedeckt. Wie die Chinesen er-
zählen, haben Buddhistenpriester die Theepffanze mehrere hundert
Jahre v. Chr. aus Hinterindien in ihr Land eingeführt. Von China,
das so recht das Theeland geworden ist, hat der Strauch auch den
Namen des chinesischen Theestrauchs.
Die Theestande ist ein hübscher Strauch, der nächste Verwandte
unserer Kamelien. Die glänzenden, lederartigen, immergrünen Blätter,
die den Blättern der sauern Kirschen ähnlich sehen, und die weißen,
wohlriechenden Blüten verleihen ihm ein freundliches Ansehen. Der
sich reich verästelnde Busch kann wohl über 8 Meter hoch werden;
aber man hält ihn durch häufiges Beschneiden absichtlich so niedrig
wie unsere Stachelbeersträucher, um die Blätter bequem pflücken zu
können und um deren Fülle zu befördern.
Kein Land der Erde ist nach Klima, Bodenbeschaffenheit und
daneben auch nach Sorgfalt und unermüdeter Thätigkeit seiner Be-
wohner mehr zur Kultur des Thees geeignet als China. Der Anbau
ist über vier Fünftel des Landes, einen mehr als sechsfach größern
Raum, als das Deutsche Reich einnimmt, verbreitet. Er ist dem Volke,
zumal es an vielen Orten an gutem Trinkwasser fehlt, so sehr ein Be-
dürfnis geworden, daß man ihn seit dem vierten Jahrhundert n. Chr.
in allen Häusern trinkt, und daß man in allen Städten und Dörfern
Theestuben und Theegärten antrifft. Der Thee ist eine Hauptqnelle
für den Wohlstand Chinas, namentlich der südlichen Provinzen. Von
TM Hauptwörter (50): [T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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Extrahierte Personennamen: Kippenberg
Extrahierte Ortsnamen: Martinique Brasilien Westindien Europa Nordamerika London Amsterdam Nen-Iork Hamburg Marseille Afrika Asien Assam Hinterindien Hinterindien China China Chinas
443
hier aus hat sich die Pflanze nach Korea und Japan verbreitet, wo
sie nun schon tausend Jahr einheimisch ist. In neuerer Zeit hat man
sie auf Java, Ceylon und im englischen Indien mit Erfolg angebaut;
in einem einzigen Jahre sind auf Java anderthalb Millionen Sträucher
neu gepflanzt worden.
Später als den Kaffee lernten die Europäer den Thee kennen und
schätzen. Vor reichlich 250 Jahren kam der erste Thee nach Amster-
dam, dann nach Paris und bald auch nach Moskau. Noch war der
Thee aber in Europa etwas so Seltenes, daß die Englisch-ostindische
Handelsgesellschaft, als sie der Königin Elisabeth zwei Pfund Thee
übersandte, ihrer Fürstin ein sehr kostbares Geschenk zu machen glaubte.
Und heutzutage verbrauchen die Engländer mehr Thee als alle andern
Völker, die Chinesen und Japaner ausgenommen. Erstaunlich ist aber
auch die Menge des Thees, welche Holland für sich verwendet, und in
Rußland ist überall der Thee ein Lieblingsgetränk. Den Russen kann
man sich ohne seine dampfende Theemaschine gar nicht denken; selbst
der Verkäufer in der Bude hat sie bei sich stehen, um sich jeden Augen-
blick den lieben Trank bereiten zu können. Der jährliche Theeverbrauch
in China wird auf mehr als 125 Millionen Kilogramm und die Aus-
fuhr aus diesem Lande auf mehr als 50 Millionen Kilogramm ge-
schätzt. Zu diesen für die andern Völker bestimmten Massen kommen
dann noch die Millionen Kilogramm des indischen, teils auf dem Fest-
lande, teils auf den Inseln wachsenden Thees.
Das frisch gepflückte Theeblatt hat weder einen Wohlgeruch, noch
würde ein Aufguß ein genießbares Getränk liefern. Es muß wie beim
Kaffee erst durch gelindes Rösten das eigentliche Öl entwickelt werden,
welches guter Thee enthält; auch muß das Blatt gewisse Eigenschaften
verlieren, die es im frischen Zustande besitzt. Je nachdem man grünen
oder schwarzen Thee erzeugen will, weichen die Behandlungsweisen
voneinander ab. Bei der ersten verfährt man rascher und einfacher;
die letztere erfordert mehr Zeit und Mühe.
Die Blätter, welche grünen Thee liefern sollen, bringt man fast
unmittelbar nach dein Pflücken, das mit großer Sorgfalt und Vorsicht
geschieht, auf eiserne Pfannen. Man drückt sie mit den Händen, ver-
anlaßt dadurch ein schnelles Verdunsten der Feuchtigkeit, rollt und
kräuselt sie gleichzeitig und trocknet sie dann. Das ganze Verfahren ist
kurz und einfach. Die zum schwarzen Thee bestimmten Blätter läßt man
dagegen nach dem Pflücken eine Zeitlang an der Luft ausgebreitet liegen.
Vor jedem chinesischen Bauernhause in den Theebezirken befinden sich
zu diesem Zwecke Hürden aus Bambusrohr. Die Arbeiter werfen
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth
Extrahierte Ortsnamen: Korea Japan Ceylon Indien Amster- Paris Moskau Europa Holland China